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Merz darf Erdoğans Menschenrechtsverstöße nicht ignorieren

Türkische Regierung verschärft Angriffe auf Opposition und plant Anti-LGBT-Gesetz

Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz (2. von rechts) und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan (2. von links) treffen am 16. Mai 2025 zum Gipfeltreffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft ein. © 2025 Kay Nietfeld/picture-alliance/dpa/AP Photo

Nach dem Treffen des britischen Premiers Keir Starmer mit Präsident Recep Tayyip Erdoğan zur Unterzeichnung eines Vertrags über den Kauf von Kampfflugzeugen durch die Türkei wird sich am 30. Oktober der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz auf den Weg zum Präsidentenpalast machen. Während der angekündigte Schwerpunkt auf Außenpolitik, Sicherheit und bilateralen Angelegenheiten liegt, sollte Merz nicht über den zunehmenden Abbau von Demokratie und Menschenrechten in der Türkei hinwegsehen.

Nur wenige Stunden vor Starmers Empfang in Ankara mit allen militärischen Ehren erließ ein Istanbuler Gericht in einer bizarren Wendung der Ereignisse einen neuen Haftbefehl gegen Ekrem İmamoğlu, den bereits inhaftierten Bürgermeister von Istanbul und Rivalen Erdoğans, wegen möglicher Beteiligung an Spionage für Großbritannien.

Merz täte gut daran, Bedenken zu äußern, dass die Inhaftierung und Absetzung gewählter Oppositionspolitiker die Gefahr mit sich bringt, dass die Türkei ihre demokratische Tradition aufgibt und zu einem weitaus weniger stabilen Partner wird. Die Regierung Erdoğan unterdrückt zunehmend die politische Opposition und die Medien und baut gleichzeitig ihre politische Kontrolle über die Gerichte aus.

Die zweifelhaften Spionageermittlungen gegen Imamoğlu sind nur die jüngste Episode in der Serie von Gerichtsverfahren, die die Regierung Erdoğan gegen die wichtigste Oppositionspartei, die Republikanische Volkspartei, und den angesehenen Bürgermeister von Istanbul angestrengt hat. Die neue Ermittlungsaktion stützt sich auf fadenscheinige Behauptungen über Datenlecks nach Großbritannien und anderen Staaten sowie auf die weit hergeholten Anschuldigungen einer Person, die gegen Imamoğlu ausgesagt hat. Sie kommt zu den – unbegründeten – Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft Istanbul hinzu, Imamoğlu sei der Anführer einer kriminellen Vereinigung.

Deutschland und andere EU-Mitgliedstaaten dürfen die autoritären Bestrebungen der Türkei nicht ignorieren, wenn sie versuchen, ihre Allianz mit Erdoğan in den Bereichen Verteidigung, regionale Entwicklungspolitik und Wirtschaftsbeziehungen zu vertiefen.

Es gibt Anzeichen dafür, dass die Regierung Erdoğan sich nicht nur darauf konzentriert, die politische Opposition zu beseitigen. Ein neuer Gesetzentwurf, der an die Medien durchgesickert ist, deutet darauf hin, dass Bestrebungen im Gange sind, LGBT-Personen zu kriminalisieren, indem ihnen für Äußerungen oder die Förderung von „Einstellungen und Verhaltensweisen, die dem biologischen Geschlecht und der allgemeinen Moral widersprechen” Gefängnisstrafen drohen und der Zugang zu geschlechtsangleichenden Gesundheitsleistungen für Transgender-Personen stark eingeschränkt wird.

Während Erdoğans Regierung sicherlich wichtige Bemühungen zur Beendigung des vier Jahrzehnte andauernden Konflikts mit den Kurden fördert, müssen Merz und andere europäische Staats- und Regierungschefs die gleichzeitigen brutalen Repressionen im eigenen Land anprangern und dürfen diese nicht ignorieren.

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